Labor des Privaten. Die Postprivacy-Kontroverse als Neuverhandlung von Privatheit und Personalität

Main Author: Pittroff, Fabian
Format: info Proceeding
Bahasa: deu
Terbitan: , 2016
Subjects:
Online Access: https://zenodo.org/record/1171963
Daftar Isi:
  • Slides for a presentation at the 2th Interdisziplinären Workshop Privacy, Datenschutz & Surveillance, Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin. Auch wenn das Private immer unscharf und umstritten war, ist es im Zuge der Digitalisierung und ihrer Praktiken doch zu einer epochalen Verunsicherung gekommen. In dieser Situation scheint es sinnvoll, von Definitionsversuchen abzusehen und stattdessen zu rekonstruieren, wie das Private in aktuellen Kontroversen stabilisiert oder neuverhandelt wird. Eine Kontroverse radikaler Neubewertung von Privatheit findet sich in der Debatte um das Konzept "Postprivacy". In der Diskussion wurde die Idee verfolgt, Privatheit könnte langfristig nicht zu bewahren sein und ihr Verschwinden sei möglicherweise zu begrüßen. Am Beispiel dieser Kontroverse will ich zeigen, wie bei der Suche nach neuen Lösungen für neue Probleme grundsätzliche Fragen der Bedingungen des Privaten verhandelt werden. Der Beitrag behandelt damit einen Ausschnitt meines laufenden Dissertationsprojekts. Meine grundlegende These ist, dass der gegenwärtige Wandel des Privaten mit einer Transformation des Verhältnisses von Menschen zu ihrer Umwelt einhergeht. Es scheinen sich soziale und materiell Konstellationen zu etablieren, die eine Verteilung von persönlichen Daten belohnen und fordern. Milliarden von User*innen füllen Social Networking Services engagiert und unentlohnt mit Daten rund um die eigene Person. Es ist nicht nur schwierig persönliche Daten zurückzuhalten, es scheint außerdem Anreize und Anforderungen zu geben, Daten aktiv und offensiv zu verbreiten. Ich beschäftige mich deshalb mit der Frage, ob ein neuer Modus der Personalisierung an Bedeutung gewinnt, der es attraktiv macht, Daten herzustellen und zu streuen. Auf dem Weg zu einer Klärung dieser Situation verfolge ich sowohl einen theoretischen als auch einen empirischen Strang. Erstens versuche ich Theorien zusammenbringen, die jeweils die Frage behandeln, inwiefern es für Menschen attraktiv und notwendig ist, als Personen aufzutreten und wahrgenommen zu werden. Diese Theorien helfen zu verstehen, wie Herstellung und Streuung von Daten an Prozessen der Personalisierung beteiligt sind. Zweitens arbeite ich an einer Rekonstruktion und Analyse der Kontroverse um das Konzept "Postprivacy". In dieser rand­stän­digen Debatte über den Wert der Privatheit in Zeiten der Digitalisierung wird mit Praktiken der Personalisierung experimentiert, die stärker auf die Streuung als auf den Schutz von Daten setzten. In diesem Sinne registrieren sowohl Befürworter*innen als auch Kritiker*innen der Postprivacy-Kontroverse eine veränderte Situation und ihre Probleme. Die kollektive Suche nach angemessenen Problembeschreibungen und neuen Kompromissen macht die Kontroverse zu einem interessanten Labor des Privaten.